Umbruch in der Lausitz

„In 20 Jahren gibt es nur noch zwei Berufe in Weißwasser: Wildhüter und Altenpfleger”, lautete die Prognose einer Lehrerin, die ich im Oktober 2004 zur Situation in der ostsächsischen Kleinstadt befragte.

Die Lausitz war zu DDR-Zeiten durch den Braunkohleabbau das Energiezentrum mit hohem Arbeitskräftebedarf. Städte wie Hoyerswerda und Weißwasser boomten. Nach der Wende wurden die meisten Tagebaugruben stillgelegt, Arbeitsplätze gingen massenhaft verloren und viele Menschen, allen voran die jüngere und produktive Bevölkerungsschicht, verließen die Region. Weißwasser ist in 15 Jahren um die Hälfte der Einwohnerzahl geschrumpft. Die Folge: Kultureinrichtungen wie das Volkshaus und Kino wurden geschlossen. Der Eissport, für den die Stadt so bekannt war, steckt in extremen Finanznöten. Der Anteil der älteren Menschen ist stark gestiegen. Altenpfleger werden in der durch hohe Arbeitslosigkeit geprägten Stadt gesucht.

Andererseits hat der Kohleabbau zu DDR-Zeiten die Lausitz in eine riesige Mondlandschaft verwandelt mit entsprechenden Folgen für die Umwelt. Die Landschaft geriet durch den Niedergang der Kohle in eine enorme Umwälzungsphase und galt als größte Landschaftsbaustelle Europas. Ehemalige Kohlegruben wurden geflutet, das Potenzial des Raumes für den Tourismus entdeckt mit Snowtropolis in Senftenberg, dem Eurospeedway Lausitzring und Tropical Island in Brand. Bis 2020 soll in der Lausitz eine Seenlandschaft entstehen, die ihresgleichen in Deutschland sucht.

Die Lausitz zeigt im Schnelldurchlauf, welche Probleme und Chancen der demographische Wandel mit sich bringt. Von einem dicht besiedelten Wirtschaftsstandort wurde es zu einem Land ohne Leute. Für die Vielzahl der Menschen, die dort einmal lebten, ist die Region nicht mehr tragfähig.

Die Bilder des Fotoessays entstanden während verschiedener Reisen in die Lausitz zwischen Oktober 2004 und Mai 2005. Die Arbeit erhielt beim Studienwettbewerb des Bundesinnenministeriums 2005 in der Kategorie Fotoessay den 1. Preis.